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Japan

Toiletten- und Sanitärkultur in Japan

In Japan sind drei Typen von Toiletten im Gebrauch. Die älteste Form ist die Stehtoilette, die noch immer in öffentlichen Bedürfnisanstalten üblich ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden westliche Wasserklosetts und Urinale wachsende Verbreitung. In neuester Zeit hat der technische Fortschritt die Entwicklung von Dusch-WCs ermöglicht, die man Washlets nennt (japanisch ウォシュレット), ein Markenname der Toto K.K. aus Kitakyūshū. Diese Toiletten können viele technisch fortgeschrittene Funktionen erfüllen, die man außerhalb Japans nur äußerst selten antrifft. So ist in der Regel die Toilettenbrille auf Körpertemperatur beheizt (mit dem unerwünschten Nebeneffekt, dass Keime sich schnell vermehren können), Wassertemperatur und -druck der Bidetfunktion sind wählbar und der Toilettensitz ist mit einem geruchsfilternden Lüfter versehen, seltener das Becken selbst mit einer Luftabzugsvorrichtung. Diese Bidettoiletten findet man inzwischen in mehr als der Hälfte der Haushalte.


Die ältesten Kanalisationssysteme in Japan stammen aus der Yayoi-Zeit (300 v. Chr.–250 n. Chr.) und wurden wahrscheinlich in Verbindung mit Toiletteneinrichtungen in größeren Siedlungen angelegt. Für die spätere Nara-Zeit (710–784) ist die Errichtung eines Abwassersystems für die damalige Hauptstadt Japans Heijō-kyō (Nara) belegt. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten belegten Wassertoiletten, bestehend aus einem 10 bis 15 cm breiten Bach, den man ähnlich wie die moderne Stehtoilette benutzt hat. Aus dieser Zeit ist auch hölzernes Toilettenpapier erhalten. Weiterhin wurden auch Überbauungen offener Latrinengruben ähnlich den heutigen „Plumpsklos“ als Toiletten benutzt.

Zur Selbstreinigung diente anfangs Seetang, bis in der Edo-Zeit (1603 bis 1868) das Toilettenpapier eingeführt wurde, das man damals aus dem traditionellen Washi-Papier herstellte. In Gebirgsregionen wurden auch Holzschaber und Pflanzenblätter eingesetzt.


Toilette eines wohlhabenden Japaners aus Nakatsugawa, Meiji-Zeit
Toiletten wurden oftmals über fließenden Gewässern errichtet, um einen einfachen Abtransport der Fäkalien zu erreichen. Dennoch waren Latrinengruben häufiger, da sie einfacher zu errichten waren und den Gebrauch der Exkremente als Dünger erlaubten. Dieser Vorteil war gerade deshalb wichtig, da die Viehhaltung auch als Folge des mit dem Vegetarismus verbundenen Buddhismus nicht im großen Umfang betrieben wurde und somit Jauche oder Gülle als Düngemittelquelle weitgehend ausfiel. Diese Praxis trug erheblich zu den Hygienestandards im alten Japan bei, die viel besser waren als im damaligen Europa, wo der Unrat oft einfach auf die Straßen geworfen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden chemische Düngemittel allgemeine Verbreitung. Trotzdem wird auch heute noch gelegentlich auf traditionelle Methoden zurückgegriffen. In Okinawa waren Toiletten oft an Schweinekoben angebaut. Diese Sitte wurde nach dem Zweiten Weltkrieg beendet.

In der Azuchi-Momoyama-Zeit (1568–1600) wurde der Taiko-Kanal um die Burg Osaka angelegt, die noch heute in Betrieb ist. Die Benutzung moderner Kanalisationsanlagen begann 1884 mit dem Bau der ersten gemauerten Kanalisierung in Kanda, Tokio. Nach dem Großen Kanto-Erdbeben wurden weitere Kanalisierungen vorgenommen, um Epidemien nach zukünftigen Erdbeben vorzubeugen. Die Einführung von Abwassersystemen im großen Stil wurde dennoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg betrieben, um den Anforderungen der schnell wachsenden Ballungszentren gerecht zu werden. Im Jahr 2000 waren 60 % der Bevölkerung an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen.

Westliche Toiletten und Urinale erschienen in Japan erstmals zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Zu größerer Verbreitung gelangten sie jedoch erst unter der US-amerikanischen Besatzung nach 1945.

Bereits 1977 überstieg schließlich der Absatz westlicher Toiletten den von traditionellen Stehklos. Auf der Grundlage schweizerischer und amerikanischer Technik entwickelte die Firma Toto 1980 das so genannte Washlet, und auch heute noch sind japanische Firmen führend in der Herstellung technisch fortgeschrittener Toilettensysteme.





Japanische Washlets


Eine Funktoilettensteuerung mit 38 Tasten

Die moderne Toilette in Japan nach dem Prinzip des Dusch-WC, dort bekannt als Washlet oder „Toilettensitz mit Warmwasser-Reinigung“ (Onsui Senjō Benza) ist der am höchsten entwickelte Toilettentyp weltweit, der mit vielfältigen Funktionen ausgestattet ist. Das Washlet Zoe von Toto steht im Guinness-Buch der Rekorde als die Toilette mit den meisten Funktionen. Allerdings ist dieses Modell von 1997 und wurde daher vermutlich inzwischen vom neuesten Modell Neorest überrundet.

In Japan begann das Zeitalter der High-Tech-Klos im Jahr 1980 mit der Einführung der Washlet G-Serie durch Toto. Die Bezeichnung wurde zum Gattungsbegriff für alle späteren japanischen Bidettoiletten. Vor der Markteinführung des Washlet G herrschte die Auffassung, dass nur wenige Menschen bereit sein würden, mehr Geld für eine Sache auszugeben, die sie auch von Hand erledigen könnten. Diese Ansicht wandelte sich, als klar wurde, dass das Konzept funktionierte – und zwar mit erstaunlich guten Resultaten. 2002 besaßen über die Hälfte der japanischen Haushalte eine solche Toilette, und damit war das Washlet verbreiteter als der Heimcomputer.

Während sich die Toilette auf den ersten Blick kaum von einer herkömmlichen Sitztoilette westlicher Art unterscheidet, birgt sie eine Vielzahl von Funktionen wie Warmluftgebläse, Sitzheizung, Massagefunktion, einstellbare Wasserstrahlen, automatischen Deckelöffner, automatische Spülung, Funkbedienelemente, Heizung und Klimaanlage etc., die entweder in die Toilette oder in die Klobrille integriert sind. Die Bedienung erfolgt mittels einer separaten Steuerung, die seitlich an der Toilette oder an der Wand befestigt ist und oft per Funk mit der Toilette kommuniziert.

Zur Grundausstattung zählt die Bidetfunktion, eine Düse von der Größe eines Bleistifts, die unter dem Toilettensitz hervortritt und Wasser verspritzt. Sie hat zwei Einstellungen, eine für anale Reinigung (so genannte „Hinterreinigung“, „Allgemeinnutzung“ oder „Familienreinigung“) und eine weitere für die Intimhygiene der Frau („weibliche Wäsche“). Die Düse berührt den Körper des Benutzers nicht und verfügt über eine Selbstreinigungsfunktion, die vor und nach jeder Benutzung aktiviert wird. Die Reinigungsfunktion selbst wird durch einen Knopf am Bedienelement ausgelöst, wobei beide möglichen Vorgänge durch die gleiche Düse erfolgen. Die Strahlausrichtung wird durch Änderung der Ausrichtung des Düsenkopfes und Lenkung des Strahls durch eine andere Öffnung der Düse herbeigeführt, um die richtige Stelle zu treffen. Gelegentlich sind auch zwei Düsen vorhanden.





Die meisten High-Tech-Toiletten verfügen über die Möglichkeit, den Wasserdruck des Reinigungsstrahls nach individuellem Wunsch zu regeln. Standardmäßig erfolgt die anale Reinigung mit höherem Druck als die Intimreinigung. Die Wassertemperatur lässt sich meist ebenfalls regulieren. Japanische Forscher haben herausgefunden, dass die bevorzugte Strahltemperatur knapp über der Körpertemperatur liegt – etwa bei 38 °C.

Die Düsenposition lässt sich ebenfalls manuell ändern. Spitzenmodelle bieten sogar vibrierende und pulsierende Wasserstrahlen, die nach Angaben der Hersteller gegen Verstopfung und Hämorrhoiden wirksam sein sollen. Die neuesten Typen können sogar Seife in den Wasserstrahl mischen, um bessere Reinigungsergebnisse zu erreichen.

Eine andere weitverbreitete Funktion ist das Warmluftgebläse, meist zwischen 40 und 60 °C variierbar, um die mit dem Wasserstrahl gereinigten Körperregionen zu trocknen. Darüber hinaus gibt es oft Raumdeodorierer, keimzerstörende Oberflächen und sensorgestützte Deckelöffnungsautomatiken, die den Toilettendeckel selbsttätig öffnen und/oder wieder schließen (soft close).

Das Washlet kann das Toilettenpapier vollständig ersetzen. Dennoch tendieren viele Benutzer dazu, die Hygiene mit der mechanischen oder trocknenden Wirkung von Papier zu ergänzen. Dies hängt auch von der zu reinigenden Körperstelle ab. Papier wird auch manchmal vor der Wasserreinigung eingesetzt.

Die Klobrillenheizung ist ebenfalls eine Grundfunktion und wird auch separat angeboten, als Toilettensitz ohne integriertes Bidet. Im Unterschied zu westlichen Haushalten ist die Zentralheizung in Japan nicht sehr verbreitet, und die Wärmedämmung schwach, so dass der separate Toilettenraum gerade im Winter sehr kalt werden kann.

Modelle für alte Menschen sind mit Armlehnen ausgerüstet und helfen dem Benutzer, sich nach dem Vorgang wieder zu erheben. Die jüngste Neuerung ist ein Ozon-Deodorierer, der entstehende Gerüche schnell beseitigt. Aktuelle Modelle verfügen über einen Speicher, der die Benutzungszeiten festhält, Energiesparfunktionen der Klobrillenheizung, oder Klimaanlagen für heiße Sommertage. Einige Modelle leuchten im Dunkeln.


Matsushita plante medizinische Sensoren einzuführen, die anhand des Urins erhöhte Blutzuckerwerte feststellen können sowie Puls, Blutdruck und Körperfettanteil anzeigen. Die gewonnenen Daten sollen dann mittels eines internetfähigen Mobiltelefons an den Hausarzt gesendet werden. Diese Einrichtungen sind aber selbst in Japan noch sehr selten, und ihr Erfolg am Markt lässt sich gegenwärtig schwer einschätzen. Eine Toilette mit Sprachsteuerung ist in der Entwicklung.

Toto, Inax, NAIS und andere Hersteller bieten auch tragbare, batteriebetriebene Washlets an, die vor der Benutzung mit warmem Wasser gefüllt werden müssen.

Quelle: Wikipedia